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Jun 19

"...das war hier schon immer so."

Ich ernte Unverständnis auf meine Frage, warum das denn jetzt so gemacht wird, wie es gemacht wird.  Mein Gegenüber schüttelt den Kopf und geht. Ich bleibe zurück mit der Frage, warum wir einige merkwürdige Ergebnisse bei Untersuchungen zur Bestimmung der Blutkörperchensenkungsgeschwindigkeit haben. Nachdem für mich immer wieder merkwürdige tiefe (keine pathologischen!)  Werte aufgetreten waren, bin ich den ganzen Prozess der Untersuchung noch einmal gedanklich durchgegangen. Irgendwas stimmt hier nicht. Das wusste ich einfach.  Meine theoretischen Überlegungen lieferten mir keine Antworten, nein, es tauchten immer mehr Fragen auf.  Ich entschloss mich, einer Pflegefachkraft einmal über die Schulter zu schauen, um zu sehen, wie die Abläufe in der Realität sind und begleitete sie bei einer Blutentnahme. Alles war völlig normal. Perfekte Blutentnahme. Hygiene beachtet. Entsorgung nach unseren Vorgaben. Aufziehen des Blutes in ein senkrecht stehendes Röhrchen mit millimeter-Graduierung. Nun wird nach einer Stunde und nach 2 Stunden die Senkung der Blutsedimente abgelesen. Wieder waren es Werte, die einfach nicht stimmen konnten. Ich kontrollierte eine andere Pflegefachkraft. Gleiches Vorgehen. Wieder aus meiner Sicht das gleiche (falsche) Ergebnis. Ich gab einfach nicht auf. Jetzt lies ich diese Röhrchen keine Sekunde mehr aus den Augen und beobachtete, was in diesen 2 Stunden passierte. Nach einer Stunde kommt eine Pflegefachkraft, die den Wert aufschreibt...und das Röhrchen wieder auf die Null-Graduierung zurückstellt. Ich traue meinen Augen nicht. Das war nun komplett falsch. Die Differenz zwischen der ersten und zweiten Messung ist das, was die Untersuchung will, nicht zweimal den Wert für eine Stunde. Auf meine Frage, wo die Mitarbeiterin das denn so gelernt habe, gibt sie eine Kollegin an, die dies wiederum von einer anderen Mitarbeiterin gehört hatte. Wir konnten die Ursache sehr schnell identifizieren. Eine Pflegefachkraft war seit Jahren der Meinung, alles richtig zu tun und hat ihr Fachwissen an andere, junge Mitarbeiterinnen weitergegeben, die nicht gewagt hatten, eine Kollegin in Frage zustellen. So haben einige Teammitglieder diese falsche Vorgehensweise als Richtig  übernommen.

Wir haben diesen ganzen Prozess noch stoppen können, bevor der Schneeballeffekt zu gross geworden war.

Betriebsblindheit sorgt häufig dafür, dass wir von der Richtigkeit der Abläufe überzeugt sind, weil wir sie ja schon seit Jahren so machen.

Hinterfragen Sie  nicht nur die Abläufe oder die Organisation in der Sie arbeiten, sondern stellen Sie sich vor allem selbst immer wieder in Frage...

...dann wird es nie zu einer Betriebsblindheit gegenüber Ihrer eigenen Person kommen...

In diesem Sinne
GBS

 

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