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Sep 01

Céad míle fáilte

Die Pflege hatte zu einer interessanten Tagung eingeladen.  Namhafte  Referentinnen  präsentierten ihre Fachgebiete. Eine eigene Arbeitsgruppe koordinierte die Abläufe. Verantwortlichkeiten waren geklärt. Es wurde mit Hochdruck gearbeitet. Für den Aussenstehenden wurde der Eindruck einer perfekten Organisation vermittelt inklusive einer Simultan-Übersetzung.

Und wie sah es dahinter aus?

Immer, wenn etwas so perfekt daherkommt ist mein Interessen geweckt und so nahm ich die Möglichkeit wahr mir einen Vortrag zum Thema Leadership im voll besetzten Saal anzuhören. Der Vortrag startete furios.

"Wenn Sie meinen Vortrag gehört haben, werden Sie die Frage beantworten können, warum Seeleute auf ihren Reisen Zitronen mitgenommen haben."

Ein starker Beginn, der für einen Vortrag über Leadership einiges versprach und ich wartete voller Spannung auf die Fortsetzung. Vermutlich genau so wie Sie, die auch auf die Auflösung der Zusammenhänge entgegen fiebern.  Doch nur eigene Folien später war die Luft draussen. Warum?

Die Frage wurde durch die Referentin selber in einer Folie beantwortet und hinterliess bei mir nur noch ein Fragezeichen? Wie hängt das denn jetzt alles zusammen?

Die restlichen 20 Minuten des Referats waren eine Ansammlung von hervorragenden Bildern von Meeresimpressionen und altem Wein in neuen Schläuchen. Während das Plenum fast schon ekstatisch die Referentin feierte, war ich schon auf dem Weg nach draussen, rauchte eine Zigarette und sagte mir selber: DAS ist also die Elite der Pflege, welche die zukünftige Entwicklung in der Hand hat. Für mich kam es noch schlimmer...

Einen Tag später, nachdem sich alle gegenseitig auf die Schulter klopften und sich in ihrer Selbstbeweihräucherung badeten, fiel es einigen auf, dass die Tagung unbedingt noch ausgewertet werden sollte. Hatte man hier vergessen, das Feedback für die Tagung bereits mit der Einladung zu verschicken? Man hatte und so wurde in aller Eile ein Fragebogen vorbereitet, der den Teilnehmerinnen 2 Tage später nach Hause gesandt wurde. Dass der Fragebogen ohne Änderungen von einem völlig anderen Kongress mit einem völlig anderen Hintergrund einfach kopiert wurde, ohne auf die Vorträge im Einzelnen  und auf die Besonderheiten dieser Tagung einzugehen hat niemanden interessiert. Man hatte ja ein Feedback, dass man auswerten konnte.

Die Rückmeldungen waren durchaus sehr positiv und zahlreich. Nur frage ich mich, welche Relevanz die Erkenntnis hat, dass die mit Abstand positivsten Meldungen über das Essen und die Verpflegung eingingen, sowie Beschwerden darüber, dass nicht genügend Croissants  und Kaffee für alle am Morgen zur Verfügung standen. Oder hat Leadership etwas mit Essen zu tun?  Für mich sicherlich, denn mir war einfach nur noch übel vor so viel Professionalität.

Das alles passt zu einem Ereignis ein paar Tage vorher. Eine Kommunikationsexpertin hatte den Auftrag bekommen, den Internet-Auftritt der Klinik vorzubereiten. Zu einem vereinbarten Termin traf ich mich mit ihr, vorbereitet mit Ideen, wie wir uns als Pflege präsentieren könnten. Doch für meine Vorstellungen  hatte die Expertin kein Ohr. Sie zeigte mir den Internetauftritt von anderen Kliniken und Institutionen aus dem Internet und sagte mir, dass sie es gerne genau so hätte, wie es dort steht. Wir müssten ja schliesslich das Rad nicht neu erfinden und wenn man Zeit und Energie sparen kann, sollten wir das tun. Da frage ich mich doch, warum wir hoch-professionelles Personal beschäftigen und bezahlen, welches lediglich Dinge kopiert und dies dann als Professionalität betrachtet.

Mein Rat:  Achten Sie auf Menschen und Institutionen, die sehr professionell daherkommen...es könnten Mogelpackungen sein...

in diesem Sinne
GBS

Eine Antwort zu “Professionelle Unprofessionalität”

  1. franzy sagt:

    An Madame Kommunikationsexpertin kann ich mich noch sehr gut erinnern...Sie hat es geschafft,ein halbes Jahr, jeden Tag an mir vorbeizulaufen, ohne sich vorzustellen oder zu grüssen...

    Der Teil über die professionelle Tagung hat mich zum lachen gebracht, möchte nicht darüber nachdenken wieviel Gelder in Gipfeliinteressen fliessen...

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